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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 08.12.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 2976/98
Rechtsgebiete: TVG, VTV/Bau


Vorschriften:

TVG § 1 Tarifverträge, Bau
VTV/Bau § 1 Abs. 2
1. Das Reinigen von Baustellen ist nur dann eine bauliche Leistung, wenn es mit eigenen baulichen Leistungen des Betriebes in Zusammenhang steht.

2. Ein Betrieb ist nicht deshalb ein baugewerblicher iSd Bautarifverträge, weil der Betriebsinhaber bauliche, seinen Auftraggebern gegenüber geschuldete Leistungen durch Subunternehmer durchführen läßt, ohne durch eigene Arbeitnehmer die Arbeitnehmer der Subunternehmer einzuweisen, zu kontrollieren und zu überwachen (Fortführung von BAG 11.06.2000 AP Nr. 200 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Abweichung von LAG Berlin 11.03.2002 - 9 Sa 2283/01)

3. Allein der Umstand, dass Reinigungsarbeiten baulichen Tätigkeiten von Subunternehmern des Betriebsinhabers nachfolgen oder ihnen vorausgehen, reicht zur Qualifizierung der Reinigungsarbeiten als bauliche Tätigkeiten kraft Sachzusammenhangs nicht aus.


Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes ! Urteil

Aktenzeichen: 16 Sa 2976/98

Verkündet laut Protokoll am 08. Dezember 2003

In dem Berufungsverfahren

hat das Hessische Landesarbeitsgericht Kammer 16 in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 08. Dezember 2003

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hattesen als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Huy und den ehrenamtlichen Richter Weber als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 4. November 1998 - 3 Ca 841/95 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum Februar 1994 bis Dezember 1995.

Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

In den Jahren 1994 und 1995 bestanden neben der Beklagten die Unternehmen ... und die Einzelfirma ..., deren Inhaber bzw. Gesellschafter der Geschäftsführer der Beklagten war. Jedenfalls die war, wie zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug nicht mehr im Streit ist, in den Jahren 1994 und 1995 als Bauträger- bzw. Baubetreuungsunternehmen tätig, das Bauwerke konzipierte, mit Hilfe von Subunternehmern erstellte und anschließend veräußerte. Seit Februar 1994 waren bei der gewerbliche Arbeitnehmer tätig, die im Rahmen der Fertigstellungsarbeiten von Bauwerken tätig wurden. Diese Arbeitnehmer wurden u.a. zu Nacharbeiten von Putzarbeiten, dem Einsetzen von Türen, dem Aufstellen von Zäunen, Terrassenarbeiten, dem Umsetzen von Türen, der Schaffung und Schließung von Durchbrüchen einschließlich Nachputz- und Tapezierarbeiten, zu Fliesenreparaturen, sonstigen Arbeiten an Geländern, Fußböden und Wänden, zur Baustellenendreinigung, zu Bautrocknungsarbeiten, zum Abdichten und Sichern von Baustellen, zum Auf- und Abbauen von Bauzäunen und zum Verlegen von Bohlen zur Sicherung von Baustellenzufahrten eingesetzt. Mit Schreiben vom 20.07.1994 (Bl. 33 d.A.) teilte die HKT dem Kläger mit, seit Februar 1994 führe sie mit Arbeitnehmern Innenausbauarbeiten durch.

Mit Verschmelzungsvertrag vom 25.03.1996 wurde die im Wege der Übertragung ihres Vermögens auf die Beklagte mit der Beklagten verschmolzen, dies wurde am 11.04.1996 ins Handelsregister eingetragen (Bl. 500 d.A.).

Der Kläger hat in mehreren, vom Arbeitsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtsstreiten die Ansicht vertreten, die habe in den Kalenderjahren 1994 und 1995 ausschließlich Bauwerke einschließlich Rohbauarbeiten sowie den erforderlichen Innenausbauarbeiten erstellt sowie Gewährleistungs- und Reparaturarbeiten an den zuvor erstellten Bauwerken durchgeführt. Dementsprechend habe sie einen Betrieb des Baugewerbes im Sinne der Bautarifverträge unterhalten. Deshalb schulde die Beklagte als ihre Rechtsnachfolgerin für den Klagezeitraum die tarifvertraglich festgelegten Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer. Deren Höhe errechne sich aus den vom Arbeitsamt ermittelten Bruttolöhnen und dem tariflichen Beitragssatz.

Nachdem der Kläger unter dem 26.07.1995 bezüglich des Zeitraums September bis Dezember 1994 in Höhe eines Betrages von DM 16.756,40 gegen die einen Vollstreckungsbescheid erwirkt hatte, hat er, nach fristgerechtem Einspruch der gegen diesen Vollstreckungsbescheid und Verbindung der Rechtsstreite beantragt,

den Vollstreckungsbescheid vom 26.07.1995 (3 Ba 1189/95) aufrechtzuerhalten und die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger DM 60.951,02 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, es habe sich bei der um ein reines Bauträger- bzw. Baubetreuungsunternehmen gehandelt, da bis auf Ausnahmen keine baulichen Leistungen durchgeführt worden seien. Die Tätigkeit habe darin bestanden, bauliche Konzepte zu entwickeln und zu verkaufen. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe die Rechtsvorgängerin, sei es über von ihr eingeschaltete Generalunternehmer, sei es durch Beauftragung von Bauunternehmen für einzelne Gewerke, das von ihr entwickelte und veräußerte Baukonzept realisiert. Lediglich als Annex zu diesen Tätigkeiten seien hin und wieder aushilfsweise gewerbliche Arbeitnehmer eingesetzt, wenn ein konkreter Bedarf bestanden habe, weil z.B. der eigentliche Bauunternehmer Gewährleistungsverpflichtungen o.a. nicht schnell genug und nicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Bei diesen Rest- und Nachbesserungsarbeiten habe es sich um Reinigungsarbeiten, Abfallentsorgung, Abbrucharbeiten, Herstellen von Baustellenwegen, Inbetriebnahme von Drainage- und Baustellenpumpen, Arbeiten an Geländern, Fußböden und Wänden, Nacharbeiten von Putzarbeiten, Einsetzen von Türen, Aufstellen von Müllboxen und Zäunen, Terrassenarbeiten oder auf Wunsch der Erwerber um das Umsetzen von Türen, die Schaffung und Schließung von Durchbrüchen einschließlich Nachputz- und Tapezierarbeiten sowie Fliesenreparaturarbeiten gehandelt. Daraus ergebe sich, dass die HKT im Klagezeitraum nicht arbeitszeitlich gesehen überwiegend baulich tätig gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei und nach Vernehmung von 3 Zeugen die Klage unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids mit Urteil vom 04.11.1998 abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 441 -447 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 23.08.1999 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er meint, das Arbeitsgericht habe bereits übersehen, dass die Beklagte dem klägerischen Vortrag gar nicht in erheblicher Weise entgegengetreten sei, weil nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht auszuschließen sei, dass von den Arbeitnehmern der überwiegend bauliche Tätigkeiten durchgeführt worden seien. Das bestätige auch die Aussage des Geschäftsführers der Beklagten. Er gehe nunmehr davon aus, dass die ... die gewerblichen Arbeitnehmer nur im Sinne einer "Eingreiftruppe" als "Mädchen für alles" eingesetzt habe, um bei der Koordination aller Subunternehmer einen zügigen Ablauf der Bauarbeiten bei der Fertigstellung eigener Gebäude zu gewährleisten und damit dem eigentlichen Betriebszweck zu dienen. Sämtliche von der ... seinerseits eingesetzt gewerblichen Arbeitnehmer seien zu mindestens 80% ihrer jeweiligen Arbeitszeit ausschließlich auf den Baustellen der ... eingesetzt worden, um die Arbeiten auszuführen, die von der Beklagten als bauliche Leistung eingeräumt worden seien und um die Baustellen im Rahmen von Säuberungsmaßnahmen einschließlich Schuttbeseitigung für weitere Tätigkeiten der Subunternehmer vorzubereiten oder nach eigenen baulichen Arbeiten und nach Arbeiten der Subunternehmer nachzubereiten. Der Prüfbericht des Arbeitsamts vom 29.05.1996 bestätige dies. Dort sei festgestellt worden, dass die ... mit Aushilfskräften bauliche Leistungen ausgeführt habe, auch habe die sämtliche Mitarbeiter als Bauhelfer bei der AOK angemeldet gehabt. Den Betrieb der als Reinigungsunternehmen anzusehen, sei abwegig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 04.11.1998 - 3 Ca 841/95 - abzuändern, den Vollstreckungsbescheid des nämlichen Gerichts vom 26.07.1995 aufrechtzuerhalten und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere DM 60.951,02 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, die habe im Klagezeitraum keinen baugewerblichen Betrieb unterhalten. Dies hätten auch die erstinstanzlich vernommenen Zeugen bestätigt. Richtig sei, dass von ihren Arbeitnehmern auch Arbeiten baugewerblichen Charakters erbracht worden seien. Diese Arbeiten hätten jedoch allenfalls 40% der aufgewendeten Arbeitszeit der Mitarbeiter ausgemacht. Arbeitszeitlich überwiegend, nämlich zu mindestens 60% seien Reinigungsarbeiten, Gartenpflegearbeiten, das Säubern der Grundstücke und Baustellen, Entsorgungsarbeiten, sowie die Pflege und Sauberhaltung der Zugänge und Wege sowie das Präparieren der Wohnungen und Gebäude für Kundenbesichtigungen durchgeführt worden. Genau dies habe ihr Geschäftsführer auch in einem die Beklagte betreffenden arbeitsgerichtlichen Verfahren ausgesagt. Das Schreiben der an den Kläger sei belanglos, entscheidend sei allein dasjenige, was tatsächlich geschehen sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschriften über die Berufungsverhandlung am 23.08.1999 und 08.12.2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO a.F.) und damit insgesamt zulässig. Die vorstehend bezeichneten Bestimmungen der ZPO in der bis zum 31.12.2001 maßgeblichen Fassung (ZPO a.F.) sind im vorliegenden Fall anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung, auf die das erstinstanzliche Urteil ergangen ist, vor dem 01. Januar 2002 geschlossen wurde (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. Art. 3 Nr. 3 Ziffer 5 ZPO-RG vom 27.07.2001, BGBl. I, 2001, S. 1887).

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheids abgewiesen. Für das Klagebegehren gibt es nämlich keine Rechtsgrundlage.

Als allein mögliche Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers kommt § 24 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12.11.1986 in den für die Kalenderjahre 1994 und 1995 gültigen Fassungen nicht in Betracht. Denn die in dieser tarifvertraglichen Norm statuierte Zahlungsverpflichtung trifft die Beklagte nicht. Zwar ist das Vermögen der HKT einschließlich der Verbindlichkeiten auf die Beklagte aufgrund der Verschmelzung übergegangen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Verbindlichkeiten aus dem VTV trafen die HKT jedoch nicht, weil der VTV für sie im Klagezeitraum nicht galt. Denn die HKT unterhielt im Klagezeitraum keinen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fiel.

Nach § 1 Abs. 2 VTV fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt oder aber Leistungen im Sinne der Bestimmungen der Abschnitte I - IV durchgeführt werden (ständige Rechtsprechung seit BAG 18.01.1984, AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob hiernach bauliche Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind dagegen wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien; ebenso wenig kommt es darauf an, ob für den Arbeitgeber die gesetzlichen Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft gelten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 23.10.2002, AP Nr. 255 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Den baulichen Leistungen ebenfalls zuzuordnen sind dabei diejenigen Nebenarbeiten, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen (vgl. z.B. BAG 25.02.1987, 28.03.1990, 11.06.1997 und 20.03.2002, AP Nr. 81, 130, 200 und 253 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nicht bauliche Leistungen entfällt, ist nach der Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeit des Betriebes, wie im vorliegenden Fall, über ein Kalenderjahr erstreckt (vgl. BAG 22.04.1987 und 12.12.1988, AP Nr. 82 und 106 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Dabei hat der Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen über die Darlegungs- und Beweislast darzulegen und ggf. zu beweisen, dass im Betrieb des beklagten Arbeitgebers arbeitszeitlich überwiegend bauliche Leistungen verrichtet worden sind (vgl. BAG 28.03.1990 und 19.01.1994, AP Nr. 130 und 170 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das bedeutet, dass der Kläger Tatsachen vortragen muss, welche den Schluss darauf zulassen, der Betrieb der Beklagtenseite werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst. Ergibt sich aus dem Sachvortrag des Klägers, dass in einem Betrieb Arbeiten ausgeführt werden, welche die Zuordnung zu unterschiedlichen in § 1 Abs. 2 VTV aufgeführten baulichen Tätigkeiten zulassen, bedarf es zur Schlüssigkeit der Klage der Darlegung, dass diese baugewerblichen Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen (vgl. BAG 03.11.1993 - 10 AZR 538/92 und BAG 19.01.1994, a.a.O.).

Nach diesen Maßstäben war der Betrieb der im Klagezeitraum kein baugewerblicher im tariflichen Sinne. Der eigene Sachvortrag des Klägers in Verbindung mit dem unstreitigen Sachverhalt rechtfertigt diese Annahme nicht.

Nach dem im Berufungsrechtszug allein noch vom Kläger gehaltenen Vorbringen sollen die gewerblichen Arbeitnehmer der zu mindestens 80% ihrer jeweiligen Arbeitszeit ausschließlich auf den Baustellen der HKT tätig geworden sein und folgende Arbeiten durchgeführt haben:

Nacharbeiten von Putzarbeiten, Einsetzen von Türen, Aufstellen von Zäunen, Terrassenarbeiten (Aufschütten von Kies und Aufbringen von Betonplatten), Umsetzen von Türen, Schaffung und Schließung von Durchbrüchen einschließlich Nachputz- und Tapezierarbeiten, Fliesenreparaturen, sonstige Arbeiten an Geländern, Fußböden und Wänden, Baustellenendreinigungsarbeiten, Bautrocknungsarbeiten, Abdichten und Sichern von Baustellen, Auf- und Abbau von Bauzäunen, Verlegung von Bohlen zur Sicherung von Baustellenzufahrten.

Weiter behauptet der Kläger, diese Arbeiten seien sämtlich erbracht worden, um die Baustellen für weitere Tätigkeiten von Subunternehmern vorzubereiten oder nach eigenen baulichen Arbeiten und nach Arbeiten der Subunternehmer nachzubereiten.

Von den vom Kläger insoweit genannten Arbeiten sind jedenfalls die der sog. Baustellenendreinigungsarbeiten keine baulichen Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 VTV. Da der Kläger den arbeitszeitlichen Anteil dieser Reinigungsarbeiten nicht angegeben hat, bleibt es nach dem eigenen Vortrag des Klägers möglich, dass gerade diese Reinigungsarbeiten arbeitszeitlich überwogen haben. Damit rechtfertigt das eigene Vorbringen des Klägers nicht den Schluss darauf, der Betrieb der HKT sei im Klagezeitraum ein baugewerblicher im Sinne des VTV gewesen.

Das Reinigen von Baustellen ist keine bauliche Leistung im Sinne von § 1 Abs. 2 VTV.

Diese Tätigkeit ist weder im Beispielskatalog des § 1 Abs. 2 Abschnitt V genannt, noch unterfällt sie den allgemeinen Vorschriften der Abschnitte II und III VTV. Das folgt schon daraus, dass unter Reinigen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nichts anderes zu verstehen ist als "etwas von Schmutz, Zusätzen und Ähnlichem zu befreien" (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990, S. 1054), Einer derartigen Tätigkeit fehlt der vom Tarifvertrag geforderte unmittelbare Bauwerksbezug. Zudem gehören Reinigungsarbeiten nach Herkommen und Üblichkeit zum Gewerbezweig der Gebäudereinigung, dieser Gewerbezweig ist nach Herkommen und Üblichkeit nicht dem Baugewerke zuzurechnen.

Daran ändert auch nichts, dass es sich bei den Reinigungsarbeiten um solche an Baustellen gehandelt hat. § 1 Abs. 2 VTV ist nämlich nicht schon dann einschlägig, wenn Arbeiten "im Umfeld von Bauten" verrichtet werden (vgl. BAG 25.02.1987, AP Nr. 79 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Vielmehr muss die betriebliche Tätigkeit, wie § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV zeigt, baulich geprägt sein. Das ist eine Tätigkeit nicht schon dann, wenn sie auf oder an einer Baustelle ausgeführt wird, sondern erst dann, wenn sie unmittelbar der Erstellung des Rohbaus dient oder zum Ausbaugewerbe zählt. Das ist bei Reinigungsarbeiten auf Baustellen nicht der Fall.

Der Vortrag des Klägers rechtfertigt auch nicht die Annahme, die von den Arbeitnehmern der durchgeführten Reinigungsarbeiten seien kraft Zusammenhangs den baulichen Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 VTV zuzurechnen.

Richtig ist, dass Baureinigungsarbeiten kraft Sachzusammenhangs den baulichen Leistungen zuzurechnen sein können (vgl. BAG 20.09.1995 - 10 AZR 609/94). Voraussetzung hierfür ist freilich, dass es sich dabei um Arbeiten handelt, die mit den eigentlichen baulichen Leistungen des Betriebes im Zusammenhang stehen. Werden nämlich nur "Hilfstätigkeiten" ausgeführt, die selbst nicht, wie Reinigungsarbeiten, unter § 1 Abs. 2 VTV gefasst werden können, ohne dass bauliche Leistungen vom Betrieb selbst erbracht werden, fehlt es an einem durch die arbeitstechnische Zweckrichtung des Betriebs vermittelten Zusammenhang dieser Hilfstätigkeiten mit eigentlichen baulichen Arbeiten des Betriebes (vgl. Kammerurteile vom 17.02.2003 - 16 Sa 1385/02 und vom 13.05.2002 - 16 Sa 1909/01; Hess. LAG 07.07.2003 - 10 Sa 2284/97).

Dass es sich bei den von den Arbeitnehmern der durchgeführten Baustellenreinigungsarbeiten arbeitszeitlich überwiegend um solche gehandelt hat, denen bauliche Tätigkeiten durch Arbeitnehmer der vorausgegangen sind oder nachfolgten, hat der Kläger selbst nicht behauptet. Sein Vortrag ist insoweit nämlich zu unsubstantiiert.

Der klägerische Vortrag geht dahin, die Reinigungsarbeiten seien an den Baustellen erfolgt, "um weitere Tätigkeiten der Subunternehmer vorzubereiten oder nach eigenen baulichen Arbeiten und nach Arbeiten der Subunternehmer nachzubereiten". Dieser Vortrag des Klägers lässt mangels näherer Schilderung von Tatsachen die Möglichkeit offen, dass die Reinigungsarbeiten überwiegend, ja sogar weit überwiegend, vorangegangenen baulichen Tätigkeiten von Subunternehmern nachfolgten oder Vortätigkeiten von Subunternehmern durchgeführt worden sind. Reinigungsarbeiten, die anschließenden oder vorangegangenen baulichen Leistungen von Subunternehmern vorgehen bzw. nachfolgen sind jedoch keine solchen, die kraft Sachzusammenhangs den eigentlichen baulichen Tätigkeiten des Betriebes der zugerechnet werden können.

Die Tätigkeit von Subunternehmern ist bei der Antwort auf die Frage, ob ein Betrieb bauliche Leistungen im tariflichen Sinne überwiegend erbringt, grundsätzlich unbeachtlich.

Nach § 1 Abs. 2 VTV erfasst der betriebliche Geltungsbereich des Tarifvertrages, wie bereits ausgeführt, Betriebe, von denen arbeitszeitlich überwiegend bauliche Tätigkeiten durchgeführt werden. Betrieb ist nach dem Sprachgebrauch des Arbeitsrechts eine Organisationseinheit, mit der bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden. Eine Organisationseinheit, die bauliche Tätigkeiten an Dritte (Sub- oder Nachunternehmer) vergibt, verfolgt selbst arbeitstechnisch keine baulichen Zwecke. Denn weder werden von dieser arbeitstechnischen Organisationseinheiten Bauten erstellt (§ 1 Abs. 2 Abschnitt I VTV), noch bauliche Leistungen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt II und III VTV) erbracht. Vielmehr liegt der Zweck der Tätigkeiten, arbeitstechnisch gesehen, in der Vorbereitung und Durchführung der Vergabe der baulichen Leistungen. Ganz in diesem Sinne ist denn auch anerkannt, dass ein Bauträgerunternehmen nicht unter § 1 Abs. 2 VTV fällt (vgl. BAG 09.05.1995 - 9 AZR 971/93). Dass der Auftraggeber der Subunternehmer unter Umständen seinen Vertragspartnern gegenüber die Erbringung baulicher Leistungen schuldet, ändert daran nichts. Denn § 1 Abs. 2 VW stellt darauf ab, ob die überwiegende betriebliche Tätigkeit eine bauliche ist, nicht aber darauf, ob vom Unternehmen vertragliche Verpflichtungen zur Durchführung baulicher Leistungen eingegangen worden sind. Das übersieht das LAG Berlin (Urteil vom 11.03.2002 - 9 Sa 2283/01), wenn es ausführt, ein Betrieb falle auch dann unter den Geltungsbereich des VW, wenn er bauliche Leistungen (dort: Einbau von Fenstern und Türen) nicht durch eigene Arbeitnehmer, sondern überwiegend durch selbst beauftragte Subunternehmer erbringen lasse, maßgeblich sei die gegenüber dem Auftraggeber geschuldete Werkleistung.

Dem steht nicht entgegen, dass Einweisungs-, Überwachungs- und Kontrolltätigkeiten im Hinblick auf Arbeitnehmer von Subunternehmern, die bauliche Leistungen durchführen, zu den baulichen Tätigkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 VTV zählen (vgl. BAG 11.06.1997, AP Nr. 200 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 26.05.1993 - 10 AZR 310/92; Kammerurteile vom 06.08.1990 - 16 Sa 306/90 und vom 08.11.1999 - 16 Sa 394/99). Denn in einem solchen Fall erbringt der Betrieb des Auftraggebers mit den Einweisungs-, Überwachungs- und Kontrolltätigkeiten selbst bauliche Leistungen, weil diese Tätigkeiten bei natürlicher Betrachtungsweise selbst integraler Bestandteil der baulichen Leistungen des Auftraggebers sind. Denn Einweisungs-, Überwachungs- und Kontrolltätigkeiten dienen unmittelbar dazu, die baulichen Tätigkeiten arbeitstechnisch ordnungsgemäß durchzuführen. Damit liegt ein unmittelbarer Bauwerksbezug vor. Bei Reinigungsarbeiten ist das, wie ausgeführt, anders.

Nach alledem rechtfertigt der eigene Vortrag des Klägers nicht die Annahme, dass es sich beim Betrieb der HKT im Klagezeitraum um einen baulichen im Sinne des VTV gehandelt hat.

Etwas anderes gilt auch nicht dann, wenn man davon ausgeht, der Kläger habe sich, jedenfalls hilfsweise, den eigenen Sachvortrag der Beklagten zu eigen gemacht. Denn dieser Sachvortrag läßt nicht den Schluss auf die arbeitszeitlich überwiegende Durchführung baulicher Tätigkeiten zu. Die von der Beklagten im Berufungsrechtszug mit einem Anteil von 60% der Arbeitszeit angegebenen Reinigungsarbeiten, Gartenpflegearbeiten, Säuberungsarbeiten an Baustellen und Grundstücken, Entsorgungsarbeiten sowie das Präparieren von Wohnungen und Gebäuden für Kundenbesichtigungen sind nämlich durchweg Arbeiten, die weder im Beispielskatalog des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannt sind, noch, mangels baulicher Prägung, unter die allgemeinen Bestimmungen der Absch. II und III gefaßt werden können. Zwar mag sich aus dem Vorbringen der Beklagten ergeben, dass Baustellenendreinigungsarbeiten arbeitszeitlich nicht überwogen haben. Darauf kommt es jedoch nicht an. Da sich der Kläger den Sachvortrag der Beklagten hilfsweise zu eigen gemacht und darauf hilfsweise seine Klage stützt, kann es sich nicht zum Nachteil der Beklagten auswirken, dass diese den arbeitszeitlichen Anteil der Reinigungsarbeiten nicht vorgetragen hat. Denn auch ohne diese Angabe ist der Beklagtenvortrag erheblich.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Darüber hinaus dürfte die Entscheidung von dem vorzitierten Urteil des LAG Berlin abweichen.

Ende der Entscheidung

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